Die Imbisshölle von Zürich-West
Der Imbissgourmet im Mc Donald's

Amerika, Land der Stolzen und Freien. Sie waren frei genug, ein Restaurant zu lancieren, das eigentlich nicht als solches durchgehen darf. Mögen sie zumindest nicht stolz darauf sein. Der Imbisgourmet hat sich den McDonald’s an der Langstrasse angetan.

Die letzten Monate verkehrte ich vornehmlich in Kebabrestaurants. Dieser Umstand hat mich dazu bewogen, in dieser Hinsicht frischen Wind in diese Kritikreihe zu bringen. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein, steht doch der Lenz vor der Haustür und mit ihm die Veränderung – Amor schiesst mit seinen Pfeilen um sich, die Bourgeoisie mischt sich unter den Pöbel am Seeufer, alle sind glücklich. Nur ich nicht, ich bleibe meiner Linie treu und speise in vermeintlichen Gaststätten, immer den Service Publique im Hintergedanken. Diese meine Aufgabe weiss ich zu schätzen, obwohl es nicht immer einfach ist. In Hinblick auf die vorliegende Kritik fiel es mir besonders schwer in besagtem Restaurant zu dinieren. Die Rede ist von meinem Nemesis, mein Erzfeind, mein Antipode auf dem Globus der Gourmets: McDonald’s.

Sagenumwoben ist es, das amerikanische Schnellimbissrestaurant. Es verbreitete sich seit 1940 wie eine schlimme Krankheit über die Kontinente und ist mittlerweile an beinahe jeder Ecke zu finden. So liess sich ein Ableger davon auch an der Langstrasse nieder. Ich darf mit stolz geschwellter Brust prahlen, dass ich den Ort nach Einbruch der Dunkelheit besuchte. Die Langstrasse, dieses elende Moloch. Schnellen Schrittes war ich unterwegs, das Gesindel in diesem Sündenpfuhl behagte mir überhaupt nicht. Trotzdem, ich kam heil davon.

Die Pforte zum Bösen

Das Restaurant scheint von aussen einladend. Jüngst hat sich das Erscheinungsbild einer Frischekur unterzogen und wirkt nun wenigstens nicht mehr wie ein Kinderspielplatz mit integrierter Spielwarenfabrik in dessen hausinternen Küche Willy Wonka im schieren Wahnsinn Hamburger zusammenstellt. Nein, die knalligen Farben wichen einer gediegeneren grün-braun-Palette. Ich betrete also diesen sagenumwobenen Ort und nehme Platz. Die Minuten verstreichen und der allgegenwärtige Fettdunst frisst sich in meinen massgeschneiderten Smoking. Wissen diese Banausen, wie sich eine Reinigung von hochqualitativem Textil aufsummiert? Wohl kaum, denn sämtliche Gäste, auch die kleinen Kinder, sind katastrophal eingekleidet. Das ist er also: Der Bodensatz der Gesellschaft, das Restaurant am anderen Ende des sozialen Gefüges.

Nach rund 20 Minuten ohne bedient zu werden, begebe ich mich zur Rezeption und empöre mich ob des mit Verlaub schändlichen Services. Hierbei werde ich darüber informiert, dass das Restaurant keine Platzbedienung vorsieht und die vermeintliche Rezeption eigentlich die Bestelltheke darstellt. Hätte ich selber draufkommen können, aber man lernt ja schliesslich nie aus. Wenn ich also schon blamiert dastehe, kann ich auch gleich meine Wunschspeise ordern. Die Auswahl ist überwältigend, jedoch nicht klar deklariert. Was ist ein Big Mac? Bedeutet Chicken Junior, dass es sich beim verwendeten Huhn um ein Jungtier handelt? Der Cheeseburger
Royal scheint meine Kragenweite zu sein. Royal, königlich. Mir fällt die Entscheidung schwer und ich frage
nach der Empfehlung des Hauses. Die werte Servierdame versteht meine Frage nur partiell, gibt mir jedoch eine adäquate Antwort. Letztendlich entscheide ich mich für den sogenannten Big Tasty. Er sei mit einer würzigen, rassigen Sauce gespickt, ich könne zudem gebratenen Speck dazuhaben. Als Getränk bestelle ich einen Primitivo, Jahrgang entweder 2004 oder 2006. Die Dame versteht mich abermals nicht korrekt und bietet mir unter Gelächter einen amerikanischen Landwein an, der sich als simples Coca-Cola herausstellt. Als Garnierung kriege ich Pommes-Frites. Ein Salat oder ein Canapé wäre mir lieber gewesen.

Es mutet seltsam an, wieviele Fragen ich gestellt bekomme. Zum Beispiel werde ich gefragt, ob ich hier essen wolle. Herrschaftszeiten, liebes Fräulein, wo und vor allem wie soll ich denn dieses Menü verspeisen? Soll ich es nach Hause nehmen? Oder gar unter freiem Himmel, so wie die Wilden und Verwahrlosten? Ich esse an Ort und Stelle, dafür ist ein Restaurant schliesslich gedacht. Wie dem auch sei, meine Order präsentiert sich alsbald auf einem roten Tablett und ich werde mit meinem Schmaus alleine gelassen. Als ich nach Besteck frage versteht die Serviermaid abermals nichts. Ich gebe auf.

Zurück an meinem Tisch fällt mir als erstes die unnütze Verpackung auf. Alles präsentiert sich in kleinen, nervigen Kartonbehältnissen. Ich habe doch bereits kundgetan, dass ich hier essen möchte. Warum also all die Schachteln und Tüten? Ich beginne mit dem Hamburger. Die Enttäuschung ist unbeschreiblich, als ich die Box öffne. Das Auge isst mit, lieber McDonald’s. In diesem Fall hätte ich meine Augen liebend gerne ausgestochen, aber ohne Gabel und Messer ist das ein schwieriges Unterfangen. Die Mahlzeit sieht aus, als wäre sie von einem Schwein erbrochen worden. Entschuldigen Sie bitte die vulgäre Ausdrucksweise, aber bei solchen Anblicken gerate ich in Rage. Das Brot pampig und farblos, der Käse nur halb geschmolzen und am Karton klebend, zudem besteht der Salat zum grössten Teil aus gelben, hässlichen Blättern. Ich schlucke einmal leer und koste von der Anomalität.

Selbsthass beim Essen

Der erste Biss verrät, dass es sich bei diesen Ingredienzien nicht um Essen handeln kann. Das Brot, geschmacklos und in keiner Weise bissfest. Der Salat mit Wasser durchtränkt und ebenfalls ohne jeglicher Würze. Das Fleisch kommt direkt aus den tiefsten Abgründen der Imbisshölle. So tief wäre nicht einmal Dante Alighieri heruntergestiegen. Dort, wo dieses Fleisch hergestellt wurde, herrscht diabolische Verachtung gegenüber allem, was den Gaumen befriedigt. Es muss einfach mit sadistischer Absicht erzeugt worden sein, anderes kann ich mir nicht erklären. Ich schlucke runter, bereue, denke kurz über Brechmittel nach, gehe dann aber doch über zu den Pommes-Frites.

Wie zu erwarten war, sind diese keinen Deut besser. Lumpig und farblos, darüberhinaus versalzen. Selten hat sich meine Zunge so stark unter Salzüberschuss gewunden wie in diesem Falle. Nicht daran zu denken, was diese Natriumbombe mit meinem Körper anstellen wird. Geschunden werde ich! Von Pommes-Frites!

Nun versuche ich mich an dem Getränk. Ich muss die Flüssigkeit mit einem Strohhalm zu mir nehmen, was eigentlich gegen meine Prinzipien geht, aber Hopfen und Malz ist jetzt sowieso bereits verloren. Den ersten kräftigen Schluck bereue ich sofort. Dieses Coca-Cola ätzt mir nicht nur die gesamte Gaumenregion weg, nein, es beschert mir zudem pochende Kopfschmerzen. Es ist in höchstem Grade kaltgestellt. Erst jetzt fällt mir auf, dass der klägliche Pappbecher zur Hälfte mir Eisbrocken gefüllt ist.

Ich kann den Hamburger nicht fertigessen, weil damit einen Pakt mit Satan schliessen würde. Die geschnittenen und frittierten Kartoffelschnitze muss ich ebenfalls liegenlassen, weil sie meine Innereien zerfressen. Die Zuckersoda kann ich nicht trinken, weil ansonsten mein Schädel explodiert. Nie hätte ich gedacht, Mahlzeit mit Sünde in Verbindung zu bringen, aber wenigstens kann ich jetzt den Untergang von Sodom und Gomorrha nachvollziehen. Wäre dort ein McDonald’s gestanden, die von Gott Bestraften wären hingegangen.

Fazit

Dieses Bastardkind von einem Mahl hat nichts mit kulinarischem Genuss zu tun. Es wäre sogar noch dann zu schade, wenn es ums nackte Überleben ging und alle Sterneköche der Welt das Zeitliche segnen würden. Wer seine Geschmacksrezeptoren hasst und selbstzerstörerische Neigungen aufweist, darf gerne in diesem fälschlicherweise als Restaurant bezeichneten Ort eine Speise zu sich nehmen. Alle Anderen lassen die Finger davon und orientieren sich an meinen Imbiss-Empfehlungen.

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